Begehung eines Hauptsammlers im umgedrehten Eiprofil

Ungewöhnliche Konstruktion eines Schmutzwassersammlers in der Landeshauptstadt Kiel.

Seit Anfang des 19. Jahrhunderts fließt ein erheblicher Teil des Kieler Abwassers durch den Hauptsammler unter der Kaistrasse und der Holstenbrücke bis hin zum Jensendamm. Das gemauerte Eiprofil ist eine der wichtigsten Hauptentsorgungsleitungen der Stadtentwässerung der Stadt Kiel. Über diesen Schmutzwassersammler werden nahezu alle häuslichen Schmutz- und Abwässer kumuliert und zur Kläranlage geleitet. Aufgrund des schlecht tragfähigen Untergrunds innerhalb der Holstenbrücke wurde der Schmutzwassersammler auf Holzpfählen errichtet. Das 90 Jahre alte Ortbeton- und Klinkerbauwerk mit der Nennweite DN 1200/1710 steht, im Vergleich zu der vorherrschenden Stellung von Rohrleitungen im Eiprofil, auf dem Kopf. Der eiförmige Querschnitt der Leitung beschreibt dementsprechend im unteren Teil den größeren Halbkreis. Eiquerschnitte wurden in Deutschland vereinzelt in umgekehrter Lage gebaut, um die Wasserspiegellinie zu senken, die statische Tragwirkung zu optimieren oder die Begehbarkeit zu erleichtern.

Beteiligte Systeme und Technologien

Auftrag

Der Hauptsammler wurde nicht nur über eine Länge von 1,5 Kilometern inspiziert und und gesäubert, sondern auch die angrenzenden 90 Grundstücksanschlussleitungen wurden auf ihren Zustand überprüft und gereinigt

Herausforderung

Um den Straßenverkehr in der Innenstadt nicht zu behindern, vor allem aber durch die große Wassermenge bedingt, wurde die Maßnahme jeweils in der Zeit von 1:00 Uhr bis 5:00 morgens durchgeführt. Ausgehend von einer Füllhöhe von 40%, fließen selbst nachts noch ca. 600 Liter pro Sekunde durch den Kanal. Damit wurden die Arbeiten im niedrigsten Wasserstand durchgeführt, der unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten möglich ist. Insgesamt waren 9 Mitarbeiter auf der Nachtbaustelle im Einsatz und bis zu 7 Fahrzeuge vor Ort. 

Eine Inneninspektion und Reinigung mittels indirekter Techniken war aufgrund der zu beseitigenden starken Versinterungen und der hohen Position der Zuläufe nicht möglich, sodass eine manuelle Begehung erforderlich war. Für dieses Vorhaben mussten umfangreiche Sicherungs- und Schutzmaßnahmen eingehalten werden. „An jedem Ein- und Ausstiegsschacht standen zwei Sicherungsposten, die die Mitarbeiter u.a. durch eine Sichtverbindung überwachten. Zudem waren Atemschutzträger vor Ort und die Feuerwehr sowie die Einsatzzentrale in die Planung der Kanalbegehung eingebunden. Zusätzlich wurde durch eine aufwendige Sielbelüftung mit einer Leistung von 30.000 m3/h eine atembare Atmosphäre hergestellt. Somit konnten alle Sicherheitsanforderungen der Stadtentwässerung Kiel, vertreten durch Dipl.-Ing Thomas Koop, erfüllt werden“, betonte der Projektleiter Dipl.-Ing. Lüdeke Graßhoff.

Lösung

Der erfahrene CCC-Spezialist für Sondermaßnahmen und Begehungen Herr Ünal Kartal war zur optischen Zustandserfassung mit der IBAK-Handkamera CERBERUS ausgestattet. Über ein Headset bestand eine ständige Wechselsprechverbindung zum Operator im IBAK-Inspektionsfahrzeug. Dieser verfolgte an seinem Arbeitsplatz die Inspektion auf dem Bildschirm und dokumentierte die Begehung nach neuestem ISYBAU-Standard, sodass alle Stations- und Schadenskürzel sowohl im Video und als auch in der Datenbank festgehalten wurden.

Das tragbare Inspektionssystem CERBERUS wurde für die Begehung von Großkanälen konzipiert und projiziert zwei Laserpunkte mit definiertem Abstand, sodass der Operateur die Größenverhältnisse des Bildes auf dem Monitor leicht einschätzen kann. Das Videosignal wurde über ein Datenkabel zum IBAK-Inspektionsfahrzeug übertragen. Ünal Kartal führte das Kabel mit einer Gesamtlänge von 500 Metern über eine am Einstiegsschacht installierte Umlenkrolle mit sich. Zunächst richtete er die Kamera mit POWER-LED-Scheinwerfer in Rohrlängsrichtung aus und nahm den Kanal bei maximaler Ausleuchtung auf. Danach schwenkte er einzelne Kanalabschnitte nacheinander ab. In Absprache mit seinem Kollegen Übertage steuerte er auffällige Bereiche der Kanalwandung an und filmte diese bei Bedarf näher. Darüber hinaus suchte der Spezialist die Kanalsohle unterhalb des Abwasserspiegels mit den Füßen nach eventuellen Auffälligkeiten ab.

Das eingespielte Team der Canal-Control+Clean Umweltschutzservice GmbH arbeitete sich auf diese Weise Meter für Meter sorgfältig durch den Kanal. Um die größeren Verschmutzungen transportieren und herausreinigen zu können, wurden an einem Schacht bei Bedarf auch zwei Reinigungsfahrzeuge gleichzeitig positioniert.

Ergebnis

Projektleiter Dipl.-Ing. Lüdeke Graßhoff ist zufrieden mit dem Ergebnis des besonderen Einsatzes: „Pro Nacht konnten aus einigen Rohrstrecken bis zu 26 Tonnen Kanalsande entfernt werden. Verhärtete Ablagerungen wurden durch Stemmarbeiten vollständig beseitigt. Insgesamt wurden mehr als 140 Tonnen Kanalsande entsorgt.“ Somit ist der Durchfluss in der „Sta(d)ttlichen Größe“ für die nächsten Jahre wieder gesichert. Die gewonnenen Inspektionsdaten verdichten und aktualisieren die Informationen über den Kanal, der sich in einem guten Zustand befindet. Auf Basis dieser Daten können die Mitarbeiter der Stadtentwässerung Kiel Empfehlungen für die Planung zukünftiger Maßnahmen ableiten.

Unternehmensvorstellung

Die Canal-Control+Clean Umweltschutzservice GmbH wurde 1983 gegründet und wird seitdem familiengeführt. Es werden umfassende Leistungen rund um den Kanal angeboten. Dazu zählen die Bereiche Kanalinspektion, Kanalreinigung und Dichtheitsprüfung sowie die Sanierung von Entwässerungsleitungen.

Über 400 Mitarbeitende sorgen an 8 Standorten und mit einem eigenen Fuhrpark mit über 255 Spezialfahrzeugen für die Instandhaltung des Kanalsystems in Norddeutschland.

Der Anwenderbericht zum Download